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Grisebach
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Wir schlagen zurück! Absolut am Puls der jüngeren deutschen Geschichte präsentiert sich das Angebot der zeitgenössischen Kunst bei Grisebach.

11.11.2019, Berlin

Während sich gerade der Fall der Mauer zum dreißigsten Mal jährt, blickt der Berliner Maler Norbert Bisky diesen Herbst in zwei parallel stattfindenden Ausstellungen in Berlin und Potsdam im Spiegel seiner persönlichen Erfahrungen auf das Ende der DDR und die bewegten Nachwendejahre zurück. Direkt auf diesen Horizont eines Landes, das mehr denn je auf der Suche nach einer gemeinsamen Identität ist, bezieht sich Norbert Bisky mit seiner Arbeit „wir schlagen zurück II“ von 2001 (EUR 40.000–60.000). In seinem für ihn typischen Spiel mit der Bildsprache sozialistisch-idealisierender Propagandakunst liefert er einen unverkennbaren Kommentar zu vergangenen Epochen deutscher Geschichte, deren Heilsversprechen sich trotz sonnenhellen Anstrichs in keiner Weise erfüllen konnten.

Mit weißer Hose statt weißer Weste kommt auch die stoische Männerfigur Stefan Balkenhols daher, der seit jeher eine sehr prägnante Position entwickelt, um der figurativen Skulptur neues Leben einzuhauchen. Sein „Mann mit schwarzem Hemd und weißer Hose auf grünem Sockel“, 2016 (EUR 65.000–85.000) begrüßte im letzten Jahr 2018 im Foyer der Kunsthalle Emden die Besucher mit selbstbewusst-skeptischem Blick und kommt ebenfalls am 29. November zum Aufruf.

Wahlverwandtschaften ganz eigener Art gehen die Arbeiten der bedeutendsten Vertreter der figurativen deutschen Malerei ein: So tritt Markus Lüpertz – zur Zeit im Münchner Haus der Kunst mit einer großen Schau zu sehen – mit seinem „Triumph der Linie“ (1977, EUR 35.000–45.000) neben Norbert Schwontkowskis „Ella“ (2006, EUR 10.000–15.000), der seinerseits aktuell im Kunstmuseum Bonn zu sehen ist. Lüpertz´ feines Gespür für das Mythologische trifft auf die vernebelten Bildwelten Norbert Schwontkowskis, in denen der Künstler eigenwillige Formen der Unschärfe erzeugt.

Mitten hinein in den Sound der Popkultur geht es dagegen mit zwei ikonischen Arbeiten von Isa Genzken („Weltempfänger“, EUR 25.000–35.000) und Thomas Bayrle („ELVIS“, 1995. EUR 30.000–40.000). Voll auf Sendung ging Isa Genzken im Jahr 1982, als sie auf der Biennale in Venedig und auf der documenta in Kassel einen alten Radioapparat auf einen weißen Sockel stellte und es zum Kunstwerk erklärte.

Mit seinem Weltempfänger dürfte Thomas Bayrle einst viel Elvis gehört haben, jedenfalls bietet der 1937 geborene Künstler eine schwungvolle Hommage an seine Heimatstadt Frankfurt am Ende der Fünfziger Jahre, geprägt von der intellektuellen Kultur der FAZ und der Frankfurter Rundschau, der Soziologie der Frankfurter Schule, aber eben auch von den überall gegenwärtigen amerikanischen GIs und dem Hype um jenen hüftschwingenden amerikanischen Rockstar, der unter größter Medienaufmerksamkeit seinen Militärdienst im Taunus antrat.

Verdichtet zur Abstraktion und mindestens ebenso intensiv fokussieren sich die Arbeiten der international gefeierten Malerin Katharina Grosse (Lot 710, 711, 839) und ihres ehemaligen Lehrers Gotthard Graubner (Lot 754, 29*), die unser Herbstangebot abrunden, auf das Medium der Farbe selbst. Gemeinsamer Ausgangspunkt beider Künstler ist die Überzeugung von einer überzeitlichen, existenziellen Kraft der Farbe, die sich unmittelbar auf den Betrachter überträgt und physisch erlebbar wird.

* Aus unserer Auktion Ausgewählte Werke am 28. November, 18 Uhr

Sarah Buschor
Presse und Kommunikation