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Grisebach
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60 Max Beckmann

Leipzig 1884 – 1950 New York

„Stürmische Nordsee (Wangerooge)“. 1937

Öl auf Leinwand. 59 × 77 cm (23 ¼ × 30 ⅜ in.) Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: Beckmann B[erlin] 37

Provenienz

Ehemals Sammlung Stephan Lackner, Santa Barbara, Kalifornien (um 1938 erworben, seitdem in Familienbesitz)

EUR 820.000 - 1.200.000

USD 0 - 1.520.000

Verkauft für:

1.397.500 EUR (inkl. Aufgeld)

Auktionen 229-236

Ausgewählte Werke, 27. November 2014

Ausstellung

Max Beckmann. An Exhibition. Oakland, The Mills College Art Gallery, 1950, Kat.-Nr. 8 („Beach with Piles“) / Max Beckmann. Santa Barbara, Museum of Art; San Francisco, Museum of Art, und Pasadena, Art Institute, 1955, Kat.-Nr. 24 („North Sea with Cabins“) / Max Beckmann. Santa Barbara, University Art Gallery, University of California, 1959, Kat.-Nr. 17 / Max Beckmann. Oils, Watercolors, Lithographs. Downey, The Downey Museum of Art, 1960, Kat.-Nr. 15 / Max Beckmann. Gemälde und Aquarelle der Sammlung Stephan Lackner, USA. Gemälde, Handzeichnungen und Druckgraphik aus dem Besitz der Kunsthalle Bremen. Bremen, Kunsthalle, [und in veränderter Zusammensetzung:] Berlin, Akademie der Künste; Karlsruhe, Badischer Kunstverein e.V.; Wien, Wiener Secession; Linz, Neue Galerie der Stadt Linz, Wolfgang-Gurlitt-Museum, und Luzern, Kunstmuseum, 1966/67, Kat.-Nr. 4, m. Abb. (diese irrtümlich bei Kat.-Nr. 21)

Literatur und Abbildung

Charles S. Kessler: The Vision of Max Beckmann. In: Arts Yearbook, Jg. 4, 1961, S. 133-140, hier S. 137 / Lagerkatalog: Moderne Kunst. Campione bei Lugano, R. N. Ketterer, 1963, unpag., mit ganzs. Farbabb. (irrtümlich mit der Werkverzeichnisnummer 383 bei Reifenberg/Hausenstein 1949 identifiziert) / Max Beckmann, Retrospektive. München, Haus der Kunst; Berlin, Nationalgalerie; Saint Louis, Art Museum, und Los Angeles, County Museum of Art, 1984/85, S. 262 (erwähnt) / Susanne Rother: Beckmann als Landschaftsmaler. München, scaneg, 1990 (= Beiträge zur Kunstwissenschaft, Bd. 34), S. 86 / Klaus Gallwitz, Uwe M. Schneede und Stephan von Wiese (Hrsg.): Max Beckmann, Briefe. 3 Bde. München und Zürich, Piper, 1993–1996. Hier Bd. II (1994): 1925–1937, bearb. v. Stephan von Wiese, S. 458 (Anm. zu Br. 660) / Dietrich Schubert: Max Beckmanns Strand- und Meeres-Gemälde bis zur Emigration nach Amsterdam 1937. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte, Jg. 1997, H. 1, S. 90-114, hier S. 113, Anm. 53 / Ausst.-Kat.: Stephan Lackner, der Freund Max Beckmanns. München, Max Beckmann Archiv, in der Staatsgalerie moderner Kunst, 2000, S. 60, Abb. 33 (Foto d. Ausstellung in Santa Barbara 1955, 3. Gemälde von links), S. 111 / Ausstellungskatalog: Max Beckmann, Menschen am Meer. Hamburg, Bucerius Kunst Forum, 2003/04, S. 156 (erwähnt) / Max Beckmann. Exil in Amsterdam. Amsterdam, Van Gogh Museum, und München, Pinakothek der Moderne, 2007/08, S. 71 und S. 72, Farbabb. 30 (erwähnt) / Ausstellungskatalog: Max Beckmann. Die Landschaften. Basel, Kunstmuseum, 2011/12, S. 19, Farbabb. 2, S. 20 u. S. 39, Anm. 23 (erwähnt) / Moritz Rinke: Ein letzter Blick auf Deutschland. Im Sommer 1937 malt Max Beckmann sein letztes Bild vor der Emigration. In: Grisebach. Das Journal. Herbst 2014, S. 4-11, Farbabb. S. 8/9

Von seiner Frühzeit bis ins Spätwerk war der Maler Max Beckmann ein Seefahrer auf dem Ozean von Kunst und Leben. Rund einhundert Bilder vom Meer, seiner „alten Freundin“, belegen das, auch unsere Nordseelandschaft. Sie ist eines von drei Gemälden, die nach einem Aufenthalt des Künstlers auf der Insel Wangerooge im Juni 1937 entstanden, zwei davon im Berliner Atelier, eines später in Amsterdam. Dorthin war Max Beckmann nach Anhören von Hitlers Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München am 18. Juli 1937 ins Exil gegangen. Die Bilder werden in der Literatur häufig als Triptychon gesehen, das in drei Phasen ein Unwetter auf See schildert. Man kann die Werke aber auch unabhängig von einer ‚Folge‘ verstehen. Dann fällt auf, daß der Künstler sehr unterschiedlich mit den Stimmungen am Strand verfahren ist. Von einem höher gelegenen Standort aus, vielleicht in den Dünen, betrachtet der Künstler die auflaufenden Wogen. Einmal in fast nüchterner Betrachtung von Wolken, Wind und Wasser, dann fast lieblich mit zartblauem Himmel und beruhigter Atmosphäre oder, wie in unserem Bild, dunkel bedrohlich und dramatisch gesteigert. Die See ist hier an den Horizont zurückgedrängt und noch heftig vom Sturm bewegt, wie die weißen Schaumkronen zeigen. Eine finstere Wolke bedeckt den Himmel, menschenleer der Strandweg links, der zu den Umkleidekabinen führt, menschenleer auch der Strand, von Buhnen durchzogen. Ein halbhoher Wachposten steht verlassen im von der letzten Flut zurückgebliebenen Wasser, der Strandwächter ist längst nach Hause gegangen. Max Beckmann schätzte die Dynamik in der Natur und war selten ein Schönwettermaler, selbst sommerliche Ansichten aus Italien oder Südfrankreich bergen immer ein Stückchen der gewaltigen Kräfte, die Wind und Meer entfalten können. Auch Beckmanns letztes vollendetes Triptychon handelt von Seefahrern, den Argonauten (Göpel 832, Washington, National Gallery of Art). Er reflektiert darin sein berühmtes Frühwerk „Junge Männer am Meer“ (Göpel 18, Weimar, Kunstsammlungen). (EO)