Ausst.-Kat.: Von Tischbein bis Spitzweg. Deutsche und österreichische Malerei von 1780-1850. München, Kunstverein, 1960, S. 4, Nr. 9 („Marterl im Wald") / Sonderauktion: Bilder aus der Sammlung Georg Schäfer II. München, Neumeister, 25.2.2005, Kat.-Nr. 230 („Waldstück mit einem Tabernakel") / Kilian Heck: Das zweite Bild im Bild. Zur Bedeutung des Ausschnitts in den Landschaften Carl Blechens, in: Markus Bertsch und Reinhard Wegner (Hg.): Landschaft am „Scheidepunkt". Evolution einer Gattung in Kunsttheorie, Kunstschaffen und Literatur um 1800. Göttingen, Wallstein-Verlag, 2010, S. 451–471, hier S. 463–465 / Kilian Heck: Carl Blechen und die Bausteine einer neuen Kunst. Berlin, Dietrich Reimer Verlag, 2024, S. 222-224, Abb. 207
Landschaftliche Abbreviaturen, die einem in Carl Blechens Werk beständig begegnen, sind Bäume, Felsen, Berge und Wasserfälle. Der Moment eines Bildes im Bild tritt im Œuvre des Künstlers jedoch seltener auf, noch dazu in einer so überraschenden Radikalität. Der Bildstock im Zentrum des Motivs erscheint, bis hin zur vollständigen Abstraktion, reduziert. In den Zügen unerwarteter Modernität zeigt das Tafelbild nur noch vertikale Schraffuren als Chiffren einstiger gegenständlicher Bildlichkeit. Kilian Heck schreibt, „Blechen geht bei diesem Bild so weit wie sonst kaum: Er verweigert radikal jede Bildfigur und ersetzt sie stattdessen durch eine zweidimensionale Ebene, die nicht einmal mehr als rhythmisches Muster oder Ornament bezeichnet werden kann, sondern lediglich als blinder Fleck oder als ein flackerndes Nichts. Gerade weil Blechen hier das vollständige Arrangement eines religiösen Bildes zeigt, nämlich eine Nische für eine Heiligenfigur beziehungsweise einen Bildstock oder ein Tabernakel, wird diese Leere so gegenwärtig und jedem Betrachter des Bildes sogleich offenbar. Deshalb kann die Intention zur Abstraktion nicht verkannt werden, denn es ist keine irgendwie zufällig verweigerte Bildlichkeit eines Objektes, sondern eine bewusst gewählte Bildlosigkeit. […] Aber dennoch handelt es sich nicht um eine Leerstelle – und diese Betonung ist wichtig. Denn eigentlich wird in der hellbraunen Schraffur das Kolorit des Naturraums reflektiert. Man müsste strenggenommen sagen, dass das Bild in seiner Ungegenständlichkeit auf den Naturraum antwortet, in ihm jedoch die Dinge in ihrer mimetischen Gestalt verschwinden und nur noch deren farbliche Textur echoartig widergespiegelt werden.“ LJM
Öl auf Papier, auf Holz montiert. 18,2 × 26 cm
(7 ⅛ × 10 ¼ in.). Unten rechts signiert: C Blechen. Rückseitig ein Etikett mit der Sammlungsnummer der Sammlung Georg Schäfer Schweinfurt: 62144035. Werkverzeichnis: Nicht bei Rave. [3287] Gerahmt
Provenienz
Sammlung Georg Schäfer, Schweinfurt / Privatsammlung, Berlin (2005 bei Neumeister, München, erworben)
Ausst.-Kat.: Von Tischbein bis Spitzweg. Deutsche und österreichische Malerei von 1780-1850. München, Kunstverein, 1960, S. 4, Nr. 9 („Marterl im Wald") / Sonderauktion: Bilder aus der Sammlung Georg Schäfer II. München, Neumeister, 25.2.2005, Kat.-Nr. 230 („Waldstück mit einem Tabernakel") / Kilian Heck: Das zweite Bild im Bild. Zur Bedeutung des Ausschnitts in den Landschaften Carl Blechens, in: Markus Bertsch und Reinhard Wegner (Hg.): Landschaft am „Scheidepunkt". Evolution einer Gattung in Kunsttheorie, Kunstschaffen und Literatur um 1800. Göttingen, Wallstein-Verlag, 2010, S. 451–471, hier S. 463–465 / Kilian Heck: Carl Blechen und die Bausteine einer neuen Kunst. Berlin, Dietrich Reimer Verlag, 2024, S. 222-224, Abb. 207
Landschaftliche Abbreviaturen, die einem in Carl Blechens Werk beständig begegnen, sind Bäume, Felsen, Berge und Wasserfälle. Der Moment eines Bildes im Bild tritt im Œuvre des Künstlers jedoch seltener auf, noch dazu in einer so überraschenden Radikalität. Der Bildstock im Zentrum des Motivs erscheint, bis hin zur vollständigen Abstraktion, reduziert. In den Zügen unerwarteter Modernität zeigt das Tafelbild nur noch vertikale Schraffuren als Chiffren einstiger gegenständlicher Bildlichkeit. Kilian Heck schreibt, „Blechen geht bei diesem Bild so weit wie sonst kaum: Er verweigert radikal jede Bildfigur und ersetzt sie stattdessen durch eine zweidimensionale Ebene, die nicht einmal mehr als rhythmisches Muster oder Ornament bezeichnet werden kann, sondern lediglich als blinder Fleck oder als ein flackerndes Nichts. Gerade weil Blechen hier das vollständige Arrangement eines religiösen Bildes zeigt, nämlich eine Nische für eine Heiligenfigur beziehungsweise einen Bildstock oder ein Tabernakel, wird diese Leere so gegenwärtig und jedem Betrachter des Bildes sogleich offenbar. Deshalb kann die Intention zur Abstraktion nicht verkannt werden, denn es ist keine irgendwie zufällig verweigerte Bildlichkeit eines Objektes, sondern eine bewusst gewählte Bildlosigkeit. […] Aber dennoch handelt es sich nicht um eine Leerstelle – und diese Betonung ist wichtig. Denn eigentlich wird in der hellbraunen Schraffur das Kolorit des Naturraums reflektiert. Man müsste strenggenommen sagen, dass das Bild in seiner Ungegenständlichkeit auf den Naturraum antwortet, in ihm jedoch die Dinge in ihrer mimetischen Gestalt verschwinden und nur noch deren farbliche Textur echoartig widergespiegelt werden.“ LJM