VALIE EXPORTS legendäre Expanded Cinema Aktion „TAPP und TASTKINO“ ist eines der meist zitierten Werke der europäischen Gegenwartskunst und Schlüsselwerk des feministischen Aktionismus.
Gemeinsam mit Peter Weibel trat VALIE EXPORT zunächst am 11. November 1968 in Wien und kurz darauf am 14. November 1968 in München, hier im Rahmen des 1. Treffens Unabhängiger Europäischer Filmemacher, im öffentlichen Raum vor das Publikum, mit nacktem Oberkörper, der einzig durch eine vor die Brust geschnallte Box bedeckt war. Die „Blackbox“ war nach vorne geöffnet und lud die Betrachter:innen ein, die Brüste der Künstlerin tastend zu erfahren.
In dieser Performance ging es VALIE EXPORT nicht allein um die Frage nach der Rolle des weiblichen Körpers in der Kunst, sondern auch um einen experimentellen Umgang mit Fotografie und Film. Indem VALIE EXPORT ihre Kunstaktionen und Körperinszenierungen fotografisch und filmisch festhalten ließ, diese Dokumentation zu einem integralen Bestandteil ihrer Kunst machte und die Aufzeichnungen teilweise selbst choreografierte, schuf sie eine neue Kunstform, die sich über die Gattungsgrenzen der Performance Art, Fotografie und Videokunst hinweg bewegte.
Von der Performance „TAPP und TASTKINO“ gibt es neben Fotos und Videos aus der Distanz, die auch die Zuschauermenge dokumentieren, vor allem Nahaufnahmen, die den entscheidenden Moment der Berührung zwischen den Betrachtenden und der Künstlerin festhalten: den gegenseitigen Augenkontakt, der den voyeuristischen Blick des Kinos umkehrt. Fotografiert hat die Szene in unserem Fall Werner Schulz, Fotograf und Ko-Organisator des Filmemachertreffens. Auch der Betrachter, den wir hier sehen, ist ein Teilnehmer des Treffens, der Regisseur und Filmemacher Ed Sommer.
Über ihre spezielle Form des Expanded Cinema schreibt VALIE EXPORT: „Die Vorführung findet wie stets im Dunkeln statt. Nur ist der Kinosaal etwas kleiner geworden. Es haben nur zwei Hände in ihm Platz. Um den Film zu sehen, d.h., in diesem Fall zu spüren und zu fühlen, muss der Zuschauer (Benutzer) seine beiden Hände durch den Eingang in den Kinosaal führen. Damit hebt sich der Vorhang, der bisher nur für die Augen sich hob, nun endlich auch für beide Hände.
Die taktile Rezeption steht gegen den Betrug des Voyeurismus. Denn solang der Bürger mit der reproduzierten Kopie sexueller Freiheit sich begnügt, erspart sich der Staat die sexuelle Revolution. ‚TAPP und TASTKINO‘ ist ein Beispiel für die Aktivierung des Publikums durch neue Interpretation.“ (VALIE EXPORT).
ES
Silbergelatine auf mattem Baryt-Papier. Vintage (Foto: Werner Schulz). 99 × 111,5 cm (106,5 × 119,3 cm)
(39 × 43 ⅞ in. (41 ⅞ × 47 in.)). Rückseitig mit Bleistift mit den Werkangaben und dem Fotocredit beschriftet: VALIE EXPORT TAPP UND TASTKINO 1968 Foto: WERNER SCHULZ. Werkverzeichnis: Mit einem Zertifikat des Studio VALIE EXPORT, Wien. Unnummeriertes Exemplar aus einer Auflage von 3 + 2 A.P. [3141] Gerahmt
Provenienz
Privatsammlung, Berlin (1996 in der Galerie Klemens Gasser & Tanja Grunert, Köln, erworben)
VALIE EXPORTS legendäre Expanded Cinema Aktion „TAPP und TASTKINO“ ist eines der meist zitierten Werke der europäischen Gegenwartskunst und Schlüsselwerk des feministischen Aktionismus.
Gemeinsam mit Peter Weibel trat VALIE EXPORT zunächst am 11. November 1968 in Wien und kurz darauf am 14. November 1968 in München, hier im Rahmen des 1. Treffens Unabhängiger Europäischer Filmemacher, im öffentlichen Raum vor das Publikum, mit nacktem Oberkörper, der einzig durch eine vor die Brust geschnallte Box bedeckt war. Die „Blackbox“ war nach vorne geöffnet und lud die Betrachter:innen ein, die Brüste der Künstlerin tastend zu erfahren.
In dieser Performance ging es VALIE EXPORT nicht allein um die Frage nach der Rolle des weiblichen Körpers in der Kunst, sondern auch um einen experimentellen Umgang mit Fotografie und Film. Indem VALIE EXPORT ihre Kunstaktionen und Körperinszenierungen fotografisch und filmisch festhalten ließ, diese Dokumentation zu einem integralen Bestandteil ihrer Kunst machte und die Aufzeichnungen teilweise selbst choreografierte, schuf sie eine neue Kunstform, die sich über die Gattungsgrenzen der Performance Art, Fotografie und Videokunst hinweg bewegte.
Von der Performance „TAPP und TASTKINO“ gibt es neben Fotos und Videos aus der Distanz, die auch die Zuschauermenge dokumentieren, vor allem Nahaufnahmen, die den entscheidenden Moment der Berührung zwischen den Betrachtenden und der Künstlerin festhalten: den gegenseitigen Augenkontakt, der den voyeuristischen Blick des Kinos umkehrt. Fotografiert hat die Szene in unserem Fall Werner Schulz, Fotograf und Ko-Organisator des Filmemachertreffens. Auch der Betrachter, den wir hier sehen, ist ein Teilnehmer des Treffens, der Regisseur und Filmemacher Ed Sommer.
Über ihre spezielle Form des Expanded Cinema schreibt VALIE EXPORT: „Die Vorführung findet wie stets im Dunkeln statt. Nur ist der Kinosaal etwas kleiner geworden. Es haben nur zwei Hände in ihm Platz. Um den Film zu sehen, d.h., in diesem Fall zu spüren und zu fühlen, muss der Zuschauer (Benutzer) seine beiden Hände durch den Eingang in den Kinosaal führen. Damit hebt sich der Vorhang, der bisher nur für die Augen sich hob, nun endlich auch für beide Hände.
Die taktile Rezeption steht gegen den Betrug des Voyeurismus. Denn solang der Bürger mit der reproduzierten Kopie sexueller Freiheit sich begnügt, erspart sich der Staat die sexuelle Revolution. ‚TAPP und TASTKINO‘ ist ein Beispiel für die Aktivierung des Publikums durch neue Interpretation.“ (VALIE EXPORT).
ES