Arnulf Rainer. Fingermalereien. Christus – Frauen – Tote. Bochum, Galerie m, 1984, Abb. S. 61
Literatur und Abbildung
H.-L. Alexander von Berswordt-Wallrabe (Hg.): Ansichtssachen. Band 1: Malerei. Bochum, m Bochum Kunstvermittlung, 1992, Abb. S. 61
Arnulf Rainer beginnt 1980 Fotografien mit Darstellungen des Gesichts des leidenden Christus zu übermalen. 1983, im Jahr, in dem er mit dem vorliegenden Werk begonnen hat, intensiviert er seine Arbeit an den Christusköpfen. „Kunst auf Kunst“ nennt Rainer sein Vorgehen, bei dem er das auf einem hellen Untergrund montierte Motiv umkreist, rahmt, gestisch überdeckt und mit lesbar körperlichem Einsatz überarbeitet.
Rainer selbst beschreibt sein hochaktives und energievolles Vorgehen so: „Es ist kein passives Erleben, sondern ein aktives Ringen. Wenn ich male, ist das eine große Anstrengung, Konzentration, Verausgabung. Oft habe ich mich schon dabei auf den Atelierboden gelegt und bin aus Erschöpfung eingeschlafen. Schöpferisch, sich erschöpfen, erschöpft sein, das hängt zusammen.“
Seine Christus-Übermalungen entstehen ganz ohne Werkzeug, ausschließlich mit den Fingern. In seinen Kreisbewegungen um den Kopf nimmt er mit den Übermalungen die Struktur der Darstellung wieder auf. Uns Betrachter lässt der Künstler an seinem Ringen um die Gestalt und deren Bedeutung teilhaben. Der Ort der Platzierung der Fotografie auf dem weiß getünchten Holzgrund ist bewusst gewählt. Hier ist der Christuskopf am oberen Bildrand angesetzt und lässt Rainer während seiner Verausgabung über dem Motiv ausreichend Raum für zartere Farbverläufe nach rechts und links. An wenigen Stellen innerhalb der Fotografie und besonders unterhalb des Christuskopfes überlässt er die Farbe teils auch ihrer eigenen Schwerkraft. In dieser für Arnulf Rainer absolutesten und freiesten Malerei bildet sich diagonal verdichtet, wie aus ihm herausbrechend, eine lavaähnliche Oberfläche der dunkelroten Farbe. Konrad Schmidt hat Rainers Übermalungen grob in drei Stufen eingeordnet: die angetasteten Fotografien, die „umgriffenen mit einem Teil des ursprünglichen Ausdrucks“ und die „rigorose Verneinung und Vernichtung des historischen Fundstücks“. Unsere Arbeit lässt einen Teil des ursprünglichen Ausdrucks sprechen, das Auge Christi blickt unbeirrt und intensiv aus dem Strudel hervor. AGT
Baden b. Wien 1929 – lebt in Enzenkirchen und auf Teneriffa
Christus-Übermalung. 1983/84
Öl über Fotografie auf Karton auf Holzplatte. 102 × 72,5 cm
(40 ⅛ × 28 ½ in.). Unten rechts mit Bleistift signiert: A. Rainer. Rückseitig ein Etikett der Galerie m, Bochum. [3068] Gerahmt
Provenienz
Privatsammlung, Rheinland/Berlin (1984 in der Galerie m, Bochum, erworben)
Arnulf Rainer. Fingermalereien. Christus – Frauen – Tote. Bochum, Galerie m, 1984, Abb. S. 61
Literatur und Abbildung
H.-L. Alexander von Berswordt-Wallrabe (Hg.): Ansichtssachen. Band 1: Malerei. Bochum, m Bochum Kunstvermittlung, 1992, Abb. S. 61
Arnulf Rainer beginnt 1980 Fotografien mit Darstellungen des Gesichts des leidenden Christus zu übermalen. 1983, im Jahr, in dem er mit dem vorliegenden Werk begonnen hat, intensiviert er seine Arbeit an den Christusköpfen. „Kunst auf Kunst“ nennt Rainer sein Vorgehen, bei dem er das auf einem hellen Untergrund montierte Motiv umkreist, rahmt, gestisch überdeckt und mit lesbar körperlichem Einsatz überarbeitet.
Rainer selbst beschreibt sein hochaktives und energievolles Vorgehen so: „Es ist kein passives Erleben, sondern ein aktives Ringen. Wenn ich male, ist das eine große Anstrengung, Konzentration, Verausgabung. Oft habe ich mich schon dabei auf den Atelierboden gelegt und bin aus Erschöpfung eingeschlafen. Schöpferisch, sich erschöpfen, erschöpft sein, das hängt zusammen.“
Seine Christus-Übermalungen entstehen ganz ohne Werkzeug, ausschließlich mit den Fingern. In seinen Kreisbewegungen um den Kopf nimmt er mit den Übermalungen die Struktur der Darstellung wieder auf. Uns Betrachter lässt der Künstler an seinem Ringen um die Gestalt und deren Bedeutung teilhaben. Der Ort der Platzierung der Fotografie auf dem weiß getünchten Holzgrund ist bewusst gewählt. Hier ist der Christuskopf am oberen Bildrand angesetzt und lässt Rainer während seiner Verausgabung über dem Motiv ausreichend Raum für zartere Farbverläufe nach rechts und links. An wenigen Stellen innerhalb der Fotografie und besonders unterhalb des Christuskopfes überlässt er die Farbe teils auch ihrer eigenen Schwerkraft. In dieser für Arnulf Rainer absolutesten und freiesten Malerei bildet sich diagonal verdichtet, wie aus ihm herausbrechend, eine lavaähnliche Oberfläche der dunkelroten Farbe. Konrad Schmidt hat Rainers Übermalungen grob in drei Stufen eingeordnet: die angetasteten Fotografien, die „umgriffenen mit einem Teil des ursprünglichen Ausdrucks“ und die „rigorose Verneinung und Vernichtung des historischen Fundstücks“. Unsere Arbeit lässt einen Teil des ursprünglichen Ausdrucks sprechen, das Auge Christi blickt unbeirrt und intensiv aus dem Strudel hervor. AGT