An der Spitze des Angebots der diesjährigen Sommerauktionen (9. bis 11. Juni 2021) steht die „Sonnenblume“ von Emil Nolde aus dem Jahr 1928. Das eindrucksvoll pastose, in expressiv-gestischer Malweise gestaltete Ölgemälde befand sich einst in der Sammlung von Salmon Schocken und ist auf EUR 700.000–1.000.000 geschätzt. Ein weiteres Meisterwerk aus der Auktion Ausgewählte Werke „Von Emil Nolde bis Neo Rauch“ stammt ebenfalls aus dem Jahr 1928: Carl Grossbergs Selbstbildnis, ein typisch neusachliches Beispiel für seine Technik-Obsession und das einzige Selbstportrait des Künstlers (EUR 300.000–400.000). Die lichtdurchfluteten „Reiter in der Allee bei Sakrow“ aus dem Jahr 1924 machen in einem ungewöhnlich großformatigen Landschaftsbild von Max Liebermann (95,7 x 114,8 cm) die Harmonie und Schönheit der Natur erlebbar. Das seltene Motiv aus dem Park von Schloss Sacrow ist mit EUR 500.000–700.000 taxiert. Eine farbflirrendende Hommage an den Lago Maggiore ist Alexej von Jawlenskys „Sommertag in Ascona“, ein abstrahiertes Landschaftspanorama von 1918 in meisterhaft orchestriertem Kolorit (EUR 200.000–300.000). Franz Marcs „Grüne Studie“ von 1908 ist ein beeindruckendes großformatiges Frühwerk in besonders kraftvoller Farbgebung und Zeugnis der Lebensfreude und der neuen schöpferischen Energie in Marcs „Lenggrieser Sommer“ (EUR 300.000–500.000). Liebhaber des Jugendstils werden mit Heinrich Vogelers „Träume II (auch ,Frühling‘ oder ,Erwartung‘)“ sehr auf ihre Kosten kommen - das ikonische Werk von 1912 zeigt Martha Vogeler, die Ehefrau und Muse des Künstlers in überzeitlicher Schönheit (EUR 200.000–300.000).
Die kuratierte Abendauktion wartet auch mit Spitzenwerken der Zeitgenössischen Kunst mit besten Provenienzen auf. Von Gerhard Richter werden gleich zwei Gemälde angeboten: das Ölbild „Umgeschlagenes Blatt“ (1966) spielt auf eindrucksvolle Weise mit Realitätsebenen und ist eine Neuinterpretation einer jahrhundertealten Bildtradition (EUR 600.000–800.000). Das marktfrische Gemälde „Heidi“ aus dem Jahr 1965 wird zum ersten Mal auf einer Auktion angeboten und ist ein wichtiges Beispiel für Gerhard Richters frühe Verwischungen (EUR 280.000–350.000). Konrad Klaphecks „ähnliche Eltern“ (1957), museales Werk und frühe Ikone aus der stilprägenden Zeit des Künstlers, besticht durch den einzigartig eleganten Stil zwischen Hyperrealismus, Surrealismus und Pop-Art (EUR 200.000–300.000). Eine veritable Entdeckung sind die „Bockwürste auf Pappteller“ von 1962/63 von Konrad Lueg, der ab 1967 unter seinem Geburtsnamen Konrad Fischer als Galerist berühmt werden sollte, dessen künstlerisches Œuvre jedoch recht klein geblieben ist. Umso begehrenswerter dürfte die angebotene Arbeit sein, die Gerhard Richter und Konrad Lueg in ihrer legendären gemeinsamen Ausstellung „Leben mit Pop – Eine Demonstration für den Kapitalistischen Realismus“ gezeigt haben (EUR 80.000–120.000). Nach fast 50 Jahren erstmals auf dem Kunstmarkt sind Joseph Beuys‘ „Eurasienstäbe“ von 1974, die Assemblage ist auf EUR 60.000–80.000 geschätzt. Mit Neo Rauch ist der bedeutendste Künstler der Neuen Leipziger Schule in unseren Sommerauktionen vertreten. Mit seiner Arbeit „Autor“ von 1994 kommt sein kraftvolles und großformatiges Frühwerk in unserer Abendauktion am 10. Juni zum Aufruf (EUR 300.000–400.000).
In der Auktion Zeitgenössische Kunst kommen marktfrische Werke jener Künstler zur Versteigerung, die Grisebachs zeitgenössisches Gesicht prägen. Darunter Katharina Grosses „Ohne Titel“ (2004), ein Werk der radikalsten abstrakten Malereipositionen aus Deutschland (EUR 40.000–60.000). Die Gouache „Zwei Frauen“ aus der melancholischen Phase von Joseph Beuys von 1958 ist auf EUR 80.000–120.000 geschätzt, Günter Fruhtrunks „ROT AUS SCHWARZ AUS GELB“ von 1970 auf EUR 60.000–80.000 und Andy Warhols komplettes Portfolio „Flash - November 22, 1963“ über das Attentat an J.F. Kennedy aus 12 Serigrafien von 1968 kommt für EUR 50.000–70.000 zum Aufruf.
30 Jahre KUNST-WERKE BERLIN e. V. werden bei Grisebach gefeiert! Im Rahmen der Auktion Zeitgenössische Kunst am 11. Juni werden mehr als 30 Werke von KünstlerInnen versteigert, die die Geschichte der KW Institute for Contemporary Art und der Berlin Biennale in den letzten 30 Jahren maßgeblich geprägt haben und die das einzigartige Ausstellungsprogramm der vergangenen drei Jahrzehnte reflektieren. Mit dem Erlös werden zukünftige Projekte der KW und der Berlin Biennale unterstützt. Künstlerinnen und Künstler: Marina Abramović, Mounira Al Solh, Kader Attia, BLESS, Monica Bonvicini, Keren Cytter, Simon Denny, Olafur Eliasson, Elmgreen & Dragset, Ceal Floyer, Cyprien Gaillard, Katharina Grosse, Lynn Hershman Leeson, Carsten Höller, Sergej Jensen, Kris Lemsalu, Leonilson, Michel Majerus, John Miller, Piotr Nathan, Susan Philipsz, Willem de Rooij, Julian Rosefeldt, Aura Rosenberg, Tino Sehgal, Jeremy Shaw, Santiago Sierra, Katharina Sieverding, Wolfgang Tillmans, David Wojnarowicz, Amelie von Wulffen.
Die einzigartige Sander Collection, der am 10. Juni eine Sonderauktion mit eigenem Katalog gewidmet ist, geht in ihren Ursprüngen auf den international renommierten Fotografen August Sander (1876-1964) zurück. Nicht wenige der hier angebotenen Werke werden erstmals auf dem Kunstmarkt aufgerufen. Dazu gehört das 1925 von Franz Wilhelm Seiwert geschaffene „Wandbild für einen Fotografen“ (EUR 400.000–600.000), ein Meisterwerk und das vermutlich persönlichste Zeugnis des engen Austausches zwischen Sander und Seiwert. Zu den Ikonen der „Progressiven Künstler Köln“ zählen das 1931 geschaffene, markante „Selbstbildnis“ von Heinrich Hoerle (EUR 60.000–80.000) wie auch das betörende Bild „Die Geste“, das Gottfried Brockmann 1928 gemalt hat (EUR 5.000–7.000). Ein weiteres Spitzenstück der Sander Collection ist die „Ländliche Familie (Familie Jatho)“ von Franz Wilhelm Seiwert aus dem Jahr 1923 (EUR 100.000–150.000).
Schwerpunkt der Abteilung Photographie in diesem Sommer ist die amerikanische Farb- und Konzeptphotographie mit Werken von Größen wie William Eggleston, Larry Sultan, Lewis Baltz oder Mitch Epstein. Eine besondere Entdeckung sind auch die 11 Portraits des Aktfotografen Ernest J. Bellocq, die Prostituierte des Rotlichtmilieus von New Orleans der Jahre 1911/13 zeigen und von dem Fotografen Lee Friedlander wiederentdeckt und vervielfältigt wurden (EUR 40.000–60.000). Zwei Rayogramme des Dada-Künstlers, Fotografen und Filmemachers Man Ray kommen am 9. Juni zum Aufruf: die Arbeiten mit dem von ihm entwickelten fotomechanischen Verfahren zur Produktion von schwarz-weißen Lichtgrafiken stammen von 1922 und 1924 (jeweils EUR 7.000–9.000)
Ein Highlight der Auktion Kunst des 19. Jahrhunderts, mit der traditionell die Auktionswoche in der Fasanenstraße beginnt, ist Wilhelm Leibls „Mädchenkopf (genannt ‚Die Malresl‘)“ von 1897: Die Ölstudie als Meisterwerk in Vollendung - ein Non-Finito in seiner aufregendsten und schönsten Form (100.000–150.000). Das erste Mal seit über 100 Jahren gelangt in der Auktion Adolph von Menzels Zeichnung „Frühmorgens im Nachtschnellzug“ (1877) wieder ans Licht der Öffentlichkeit (EUR 80.000–120.000). Ähnlich wie Adolph Menzel mittelalterliche Ritterrüstungen zum Leben erweckte, haucht Carl Schuch seinen „Totenschädel mit Rosen“ neuem Atem ein (EUR 50.000-70.000). Aus der Sammlung von Max und Martha Liebermann werden zwei Meisterzeichnungen von Menzel angeboten: „Tagebau in Königshütte“ aus dem Jahr 1872 (EUR 25.000–35.000) entstand in unmittelbarem Zusammenhang mit Menzels „Eisenwalzwerk“ (Alte Nationalgalerie, Berlin), das der Onkel des Malers, Alfred Liebermann, bei Menzel in Auftrag gegeben hatte. Bei dem zweiten Blatt („Die Personen des ‚Flötenkonzerts‘, EUR 30.000–40.000) handelt es sich um die Kompositionsskizze der Personen auf Menzels berühmten „Flötenkonzert“ (1850-52, Alte Nationalgalerie, Berlin). Die großformatige, in Feder ausgeführte Zeichnung ist die ältere der beiden bekannten Versionen aus dem Berliner Kupferstichkabinett und wurde kürzlich an die Liebermann Erben restituiert.
Insgesamt werden an drei Auktionstagen 783 Kunstwerke mit einer mittleren Gesamtschätzung von ca. 18 Millionen in 6 Katalogen bei Grisebach angeboten.
Die erweiterte Vorbesichtigung in Berlin findet vom 25. Mai bis 8. Juni in der Fasanenstraße 25, 27 und 73 statt.
Micaela Kapitzky