Wenn das Auge auch hören könnte, es wäre der satte Klang einer Trompete. Zu sehen ist sie auf dem Meisterwerk, das an der Spitze des Angebots der diesjährigen Sommerauktionen steht: Lyonel Feiningers „Trompetenbläser im Dorf” von 1915. Das vielschichtige und farbstark vibrierende Gemälde stammt aus dem Nachlass des Künstlers und ist zweifellos ein Gemälde von erstrangiger Museumsqualität (EUR 2.000.000/3.000.000).
Weitere Glanzstücke der Auktion „Ausgewählte Werke” kommen aus dem Kreis des „Blauen Reiters”: August Mackes idyllische Szene „Mann auf Bank” von 1913 besticht durch den malerischen Einsatz des Lichts innerhalb einer reduzierten Farbpalette - ein Gemälde, in dem die Eigenwertigkeit der Farbe bei Macke eine neue Qualität und Strahlkraft erreicht (EUR 900.000/1.200.000). Das zu derselben Zeit entstandene Temperabild „Blaue Kuh” von Franz Marc rückt das titelgebende Tier als kraftvolles, ehrfurchtgebietendes Lebewesen ganz ins Bildzentrum, umgesetzt in der für Franz Marc so typischen Farbsymbolik von Blau, Gelb und Rot (EUR 700.000/900.000).
Die expressionistischen „Sonnenflecken” von Max Pechstein zeigen eine von Poesie und Stille geprägte magische Abendstimmung, gemalt 1922 in Leba, einem Lieblingsort Pechsteins (EUR 400.000/600.000). Max Beckmanns kleinformatige und avancierte Komposition „Hängematte” von 1942 dagegen erscheint in ihrer Spannung und Flächenbetonung überraschend monumental (EUR 300.000/400.000). Lovis Corinths „Maske im weißen Kleid” (Charlotte Berend) von 1902 stammt aus der wichtigen Schaffensphase des Künstlers und zeigt die 21-jährige Charlotte Berend, die spätere Frau des Künstlers, im Zauber des aufregenden Anfangs ihrer lebenslangen Liebe (EUR 250.000/350.000). Ein Spitzenwerk aus der Spätphase von Hans Hartungs Schaffen kommt mit „T 1985 - H 34”. von 1985 zum Aufruf – eine dynamische Komposition, in der starke Kontraste aufeinandertreffen (EUR 120.000/150.000).
Auch die Zeitgenössische Kunst sorgt für Aufsehen in der Auktion „Ausgewählte Werke”: Die eindrucksvolle 12-teilige Bleiarbeit „Ohne Titel” von 1987 eines der wohl vielseitigsten Künstlers der Gegenwartskunst, Günther Förg, wird erstmals auf einer Auktion angeboten (EUR 300.000/400.000) – eine vergleichbare 10-teilige Bleiarbeit befindet sich im Museum of Modern Art in San Francisco. Der amerikanische Künstler Sol LeWitt hat den Begriff der Concept Art geprägt und als Vertreter der Minimal Art eine Verbindung beider Kunsttendenzen geschaffen. Die ikonische Skulptur „Pyramid” von 1996 ist ein herausragendes Werk des Künstlers (EUR 200.000/300.000). Das Gemälde „Gegen Abend I (Towards Evening I)” von Per Kirkeby von 1984 ist ein für den Künstler charakteristisches Gemälde, in welchem er mit starker Geste das Erleben der Natur zur Darstellung bringt (EUR 200.000/300.000). Die Spannung zwischen System und Anarchie dagegen, von dem das gesamte Werk A.R. Pencks lebt, ist in dem großformatigen Signalbild „Stadt der Konflikte” eindrucksvoll auf den Höhepunkt gebracht (EUR 160.000/200.000). Eine in ihrem Reiz kaum zu überschätzende Entdeckung der Auktion „Kunst des 19. Jahrhunderts” ist eine Folge von gleich 14 floralen Scherenschnitten von Philipp Otto Runge aus dem Nachlass der Hamburger Künstlerfamilie von Erwin und Otto Speckter (je zwischen EUR 20.000/35.000). „Die schönsten Franzosen kommen…” - gerne nach Berlin: Meisterwerke von Camille Corot, Théodore Rousseau, Théodore Gudin und den frühen französischen Pleinairmalern präsentieren eindrucksvoll die Wegbereiter des Impressionismus. Ein Gemälde wird vor allem in München die Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Joseph Karl Stielers „Helene Sedlmayr” von 1831/34 ist eine bis dato unbekannte zweite Fassung des berühmten Porträts aus der Schönheitengalerie im Schloss Nymphenburg und war wohl ein Geschenk von König Ludwig I an Helene Sedlmayr (EUR 80.000/120.000).
Insgesamt werden bei den Sommerauktionen am 1. und 2. Juni 552 Kunstwerke mit einem mittleren Schätzpreis von insgesamt EUR 19,9 Millionen in vier Auktionen versteigert. Dies entspricht einem Plus von 15% gegenüber dem Vorjahreswert.
Die Vorbesichtigung aller Werke in Berlin an drei Standorten in der Fasanenstraße (25, 27, 73) findet vom 24. bis 31. Mai statt.