In der kommenden Wintersaison geht Grisebach mit einer inspirierenden Auswahl von 430 Losen aus drei Jahrhunderten ins Rennen. Stellvertretend für die Vielfalt des Angebots seien folgende Kunstwerke genannt:
Max Beckmann
„Quappi mit grünem Sonnenschirm“. 1938
Öl auf Leinwand. 110 x 65 cm
EUR 4.000.000–6.000.000
Mit Max Beckmanns Porträt „Quappi mit grünem Sonnenschirm“ von 1938 steht erneut ein Meisterwerk des Künstlers im Mittelpunkt der Winterauktionen. Das Gemälde vereint zwei zentrale Themen im Schaffen von Max Beckmann: Seine Ehefrau Mathilde, liebevoll Quappi genannt, und seine Faszination für See- und Strandszenerien. Entstanden in einer Zeit politischer und persönlicher Bedrängnis, ist das Bild Zeugnis für die Kraft Beckmanns, die äußerst bedrängende Gegenwart durch die Erinnerung an glückliche Jahre zu verarbeiten. Unter den Frauenbildnissen Beckmanns nimmt unser Gemälde einen herausragenden Rang ein und tritt zweifellos als eines der schönsten und erotischsten Porträts von Quappi vor uns. Das Gemälde ist seit über einem halben Jahrhundert erstmals wieder in der Öffentlichkeit zu sehen.
Max Beckmann
„Stillleben mit Orchideen und Birnen“. 1946
Öl auf Leinwand. 90,5 x 90,5 cm
EUR 1.000.000–1.500.000
Von höchst anziehender Vielschichtigkeit ist das Stillleben im Werk Max Beckmanns. Der Künst-ler konzentriert sich auf symbolische Zeichen, mit denen das Stillleben aufgeladen ist, auf eine bildnerische Geheimschrift, die sich doppelsinniger Objekte bedient. Im Zentrum des „Stilllebens mit Orchideen und Birnen“, das sich jahrzehntelang in Privatbesitz befand, steht die Königin der Blumen, eine Orchidee – seit je das Sinnbild für Verführung, Leidenschaft und se-xuelle Lust. Die verderblichen Früchte, Birnen und Äpfel verweisen ganz wie in den barocken Vanitas-Bildern auf die Vergänglichkeit. Die intime Botschaft ist offenbar an seine Frau Mathilde, Quappi, gerichtet. Nicht ohne Grund hat Beckmann ihr das Bild geschenkt. Quappi war begeistert: „Bekam vor 8 Tagen herrliches Orchideenbild geschenkt! Es ist das schönste Stillleben was T. gemacht hat und meine Lieblingsfarben jadegrün rosa“. Sie sollte das Bild zeitlebens behalten.
Wilhelm Lehmbruck
„Büste der Knienden (Geneigter Frauenkopf)“. 1912/14
Zementguss zu Lebzeiten des Künstlers, rotbraun getönt. 43 x 46 x 27,5 cm
EUR 250.000–350.000
In unserem eindringlichen Werk hat der Pionier der Ausdrucksplastik sein Können zur Vollkommenheit gebracht. Die beseelte Melancholie der rotbraun getönten, in Zementguss zu Lebzeiten des Künstlers ausgeführten Büste mit dem schmalen Kopf und dem nach un-ten gerichteten Blick vermittelt eine zarte und poetisch aufgeladene Introvertiertheit. Aus der überlebensgroßen Figur der „Knienden“ entwickelt Lehmbruck in höchster Fokussierung unseren „Geneigten Frauenkopf“ als Ausschnitt und Konzentrat. Fassungen der Büste, die der Künstler in unterschiedlichen Materialien ausführte, befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Museums Ludwig in Köln, der Staatsgalerie Stuttgart, in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien und im Art Institute Chicago. Ein Guß zu Lebzeiten des früh verstorbenen Künstlers ist von größter Seltenheit.
Pablo Picasso
„La femme à la résille“(„Femme aux cheveux verts“). 1949
Bemalte Druckplatte: Pinsel mit lithografischer Tusche auf Zink. 70,1 x 55,2 cm
EUR 200.000–300.000
Kaum ein Künstler des 20. Jahrhunderts war so kreativ wie Pablo Picasso. Unsere Faszination gilt der Vielfalt der Variationen, mit denen Picasso gerade in der Druckgrafik ein Motiv in immer neuer Gestaltung aufgehen ließ. Wie seine Motive sich im Verlauf der Druckplattenbearbeitung entwickeln, können wir an der Farblithografie „La femme à la résille“ studieren, auf der Picasso seine Geliebte Françoise Gilot verewigte, die er im Jahr 1943 kennenlernte. Der Weg zum endgültigen Druckzustand des attraktiven Bildnisses führte über vier Schwarzkonzepte und zwei Farbkonzepte, so dass in der Kombination aller Druckplatten insgesamt 13 Druckvarianten zu verzeichnen sind, von denen uns sieben Blätter in der Grisebach-Auktion vorliegen. Diese Varianten ermöglichen uns einen einzigartigen Einblick in die Kunstpraxis Picassos und ihre aus dem Experimentellen erwachsende Wirkungs-macht. Die angebotene bemalte Druckplatte ist ein Rarissimum, da es eine der wenigen Original-Druckplatten ist, die es außerhalb des Pariser Museé Picasso gibt.
Zao Wou-Ki
„Au petit jour“. 1957
Öl auf Leinwand. 45,5 x 55 cm
EUR 500.000–700.000
Das hochkarätige internationale Angebot der Auktion wird ergänzt durch ein Werk des französischen Künstlers Zao Wou-Ki, Sohn eines angesehenen chinesischen Bankiers, dessen Stammbaum weit in die chinesische Vergangenheit reicht. Zao Wou-Ki lebte ab 1947 in Paris, wo er in wenigen Jahren zu einem europäischen Avantgardisten wurde. Der kleinen Ölmalerei „Au petit Jour“ von 1957 sieht man die geografische und künstlerische Herkunft ihres Schöpfers nicht an. Zao Wou-Ki schuf eine unverwechselbare Variante der informellen Malerei. Sein Werk „Au petit jour“ ist vielleicht eines seiner freiesten, dynamischsten Bilder. Hier spürt man die ungeheure Spannung, Intensität, vor allem die Konzentration und Fokussierung, mit der Zou seine Geste steuert, die bei aller expressiven Freiheit nie ihr Zentrum und ihren Halt in diesem von innen leuchtenden Malgrund verliert.
Georg Baselitz
„schön gelb“. 2009
Öl auf Leinwand. 250 x 200 cm
EUR 450.000–650.000
Georg Baselitz’ großformatiges Ölgemälde „schön gelb“ von 2009 aus dem Werkabschnitt der „Remix“-Bilder ist ein faszinierendes Beispiel für die Fähigkeit des Künstlers, sich immer wieder neu schöpferische Möglichkeiten zu eröffnen und mit dem eigenen „Material“ eine neue Stufe von Freiheit, Gelassenheit und Distanz zu sich selbst zu gewinnen. Baselitz greift hier in neuer Form seine frühen „Helden“-Bilder der 1960er Jahre auf, die den Künstler berühmt gemacht haben. „Schön gelb“ bringt vor diesem Hintergrund in der vibrierenden Könnerschaft des Künstlers die nie ganz zu aufzulösende Problematik des Erinnerns und Vergessens vor Augen.
Carl Blechen
„Mühlental von Amalfi“. Um 1830
Öl auf Leinwand. 74,5 x 99 cm
EUR 100.000–150.000
Carl Blechens um 1830 entstandenes „Mühlental von Amalfi“ ist eines der wichtigsten Werke des Pioniers der modernen Landschaftsmalerei in Europa und ein Höhepunkt aus dem Bereich der Kunst des 19. Jahrhunderts. Das Landschaftsgemälde befand sich bis 1938 im Besitz der jüdischen Familie Goldschmidt aus Berlin. Kurz nach den Novemberpogromen nahmen sich die Brüder Dr. Arthur Jacques und Dr. Eugen Carl Goldschmidt das Leben. Ihr Neffe Edgar Jacques erbte den Nachlass und emigrierte noch im selben Jahr nach Südafrika. 1942 wurde das Vermögen von Moor - und damit höchstwahrscheinlich auch das „Mühlental von Amalfi“ - von der Gestapo in Berlin beschlagnahmt. 1944 geriet das Bild über den Berliner Kunsthändler Hans W. Lange in die Hände des „Sonderauftrag Linz“ für das von Hitler geplante „Führermuseum“. Nach dem Krieg kam das Bild 1946 im von der US-Militärregierung eingerichteten Central Collecting Point (CCP) in München wieder zum Vorschein und ging später in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland über. Nach über 80 Jahren hat die Kunstverwaltung des Bundes das „Mühlental von Amalfi“ nun an die Erben nach Edgar Moor zurückgegeben, die es Grisebach zur Versteigerung anvertraut haben. (Pressemitteilung vom 2.10.24)
Insgesamt werden bei den Winterauktionen am 28. und 29. November 430 Kunstwerke mit einem unteren Schätzpreis von knapp 17 Millionen Euro in vier Auktionen versteigert.
Die Vorbesichtigung aller Werke in Berlin an zwei Standorten in der Fasanenstraße (25 und 27) findet vom 21. bis 27. November statt.
Vorbesichtigung aller Werke
Berlin, 21. bis 27. November
Donnerstag, 21. November bis Dienstag, 26. November, 10 bis 18 Uhr
Mittwoch, 27. November, 10 bis 15 Uhr
Grisebach, Fasanenstraße 25 und 27
Winterauktionen
28. & 29. November 2024